Die Strasse im Mittelalter bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts

Mittelalter

 

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Erzbischöfe spielen nun in Köln eine große Rolle, wobei Erzbischof ein Titel ist, keine Amtsbezeichnung. Verständnis und Aufgaben eines Erzbischofs sind weltweit sehr unterschiedlich. In Köln übernimmt er nun auch weltliche Aufgaben. 953 wird Bruno Erzbischof von Köln (Bruder des fränkischen Königs Otto I.) und formt das Stadtbild entscheidend um. Köln wird das „hillige Köln“ genannt.

Um 870 werden verschiedene Stiftskirchen gegründet, darunter auch St. Severin. Um 930 wird St. Johann Baptist gegründet. Ein Stift ist eine religiöse Vereinigung, die meist mit Grundbesitz ausgestattet ist, gerade in Österreich werden viele Klöster Stift genannt. Ein Frauenstift z.B. ist eine religiöse Lebensgemeinschaft für Frauen, die ohne Ablegung von Gelübden in einer klosterähnlichen Anlage leben.

Es entsteht eine Stadtmauer in Länge von 7.5 km mit 22 Pforten. Klöster und Kirchen prägen das Stadtbild und verstärkt Glaube und Gelehrsamkeit in der Stadt. Immer noch suchen Pestepidemien die Stadt heim. Es herrscht ein genossenschaftliches Prinzip des Zusammenlebens der Geschlechter, Zünfte und Gaffeln. Die Kölner Wirtschaft ist von europäischem Rang, bestimmt u.a. durch das Stapelrecht. Dies war eine Art Vorkaufsrecht auf ankommende Waren, die die Händler im Hafen auf andere Schiffe umladen mussten (der Rhein war nicht durchgängig mit dem gleichen Schiffstyp schiffbar).

„Kölnisch“ wird zum Inbegriff für Qualität.

Die Gebeine der Heiligen drei Könige (nun auch Stadtpatrone von Köln, verweigt im Stadtwappen durch die drei Kronen). Unter anderem ist dies der Impulsgeber 1248 den Grundstein für den Bau des Domes zu legen.

Im Mittelalter fungierte die Severinstraße als Torstraße und stellte bereits die Lebensader des Viertels dar. Sie gehörte innerhalb des Vorstadtbezirks Oversburg zum Kirchspiel St. Severin und ist benannt nach dem heiligen Severin von Köln dem dritten namentlich bekannten Bischof der Stadt. Diese entwickelt sich zur Straße der Kirchen, Klöster und Kapellen (z.B. St. Severin, St. Johann Baptist, St. Joseph und Theresia, St. Gregorius, St. Katharinen, Klöster der Karmeliterinnen). So wurde sie von den Kölner auch „Paffengasse“ genannt. Zu jener Zeit wird die Severinstraße aber auch Burgstraße genannt, weil sie von der Hohe Pforte zur alten Burg („Burgum vetus“) in Marienburg führte.

Die Severinstorburg gehört zu den 5 landwärtsgelegenen Toren, die tagsüber geöffnet sind.

Köln als freie Reichsstadt: Reformation bis 30jähriger Krieg

Im 17. Jahrhundert ist Europa im Ausnahmezustand. Religiöser Fanatismus, Tod und Verwüstung steigern sich bis zur Katastrophe. 1618 bis 1648 kämpfen die katholische Liga mit dem Kaiser gegen die evangelische Union. Auf europäischer Ebene streiten die Habsburger in Spanien und Österreich gegen Frankreich und die protestantischen Mächte: die Vereinigten Niederlande, Dänemark und Schweden. Kriegszüge, Hungersnöte und Seuchen entvölkern ganze Landstriche.

Da Köln weitgehend auf Neutralität bedacht ist wird die Stadt weitgehend verschont. Sie schlägt sogar Kapital aus dem Unglück anderer. Man betreibt in Köln einen florierenden Handel mit kriegswichtigen Waren. Darunter auch Waffen für alle Kriegsparteien.

Ganz ungeschoren kommt jedoch auch Köln nicht durch dieses dunkle Kapitel der Geschichte. Bei der Belagerung von Deutz 1632 durch Generalleutnant Wolf Heinrich Graf zu Baudissin kommt es zu einer großen Explosion. Ein Pulvermagazin explodiert, 300 Menschen sollen dabei ihr Leben verloren haben. Für die Kölner Südstadt ist dieses Unglück sehr weit weg, auf der anderen, der falschen Rheinseite („schäl sick“).

Einzig die Geschichte von Jan van Werth ist bis heute im Kölner Süden nicht vergessen. Der Knecht Jan vom Kümpchenshof wirbt um die Liebe der Marktfrau Griet. Diese verschmäht seine Liebe, da er ihr nicht fein genug ist. Daraufhin zieht Jan in den 30-jährigen Krieg und kommt nach Jahren als berühmter Feldherr und General Jan von Werth wieder. Griet bereut es, Jan damals abgewiesen zu haben und spricht die historischen Worte: „Jan, wer et hätt jewoss!“ (hochdeutsch: Jan, wer das gewusst hätte). Aber Jan lehnt sie mit den Worten: „Griet, wer et hätt jedonn!“ (hochdeutsch: Griet, wer es getan hat) ab.

Das Historienspiel wird traditionell an Weiberfastnacht um 13:30 Uhr an der Severinstorburg aufgeführt. Im Anschluss an das historische Stück startet ab 14:30 Uhr ein Umzug von der Südstadt bis zum Denkmal „Jan von Werth“ am Alter Markt.

Ein Zeuge barocke Pracht findet sich auf der Severinstr. Seit 1676 befindet sich am Anfang der Severinstr. Haus Balchem, errichtet vom Bierbrauer Heinrich Deutz. Es gilt als schönstes erhaltenes Barockhaus der Stadt, sein Name erinnert an die ehemalige Brauerei „Kartäuser Bräu Gebr. Balchem“ im Hause. Heute befindet sich dort die Stadtteilbibliothek.

Köln im 18. Jahrhundert bis zur französischer Herrschaft

Köln genießt im 18. Jahrhundert einen zweifelhaften Ruf. Besucher berichten, dass der schöne Anblick von der Flussseite überhaupt nicht mit dem Inneren übereinstimmt. Rückständigkeit, Schmutz, unsägliche Armut und eine religiöse Intoleranz schreckt die Besucher ab. Der Dom ist unvollendet, wirkt wie ein riesiger Ruinenhaufen, entspricht auch überhaupt nicht dem Zeitgeschmack. Gotik (im Mittelalter der Inbegriff von Modernität) ist ein Schimpfwort geworden, wird abgeleitet von den Goten, den „Barbaren“. Ein Schweizer Arzt (Albrecht von Haller) stellt 1725 fest, dass die Kölner mindestens ein Jahrhundert hinter den übrigen Deutschen zurück sei.

Stadtverfassung, Zunftsystem, träge Wirtschaftspolitik und rigorose Konfessionspolitik verhindern eine Weiterentwicklung. Die ungeliebte andere Rheinseite profitiert davon: 1714 verlassen neun wohlhabende protestantische Fabrikanten- und Kaufmannsfamilien die Stadt verlassen und lassen sich in Mülheim nieder. Was heute wohlwollend als „Kölner Klüngel“ bezeichnet wird zeigt sich in dieser Zeit schon darin, dass nur fünf Familien im 18. Jahrhundert mehr als die Hälfte aller Bürgermeister stellen. Es tauchen sind immer die gleichen Namen im Drei-Jahres-Rhythmus auf.

Unter französischer Herrschaft ändert sich in Köln einiges. Zwischen 1792 und 1815 (Zeit der napoleonischen Kriege) herrscht Frankreich über große Teile Europas, auch Köln ist davon betroffen.

Obwohl die Besatzung natürlich auch als bedrückend empfunden wird profitieren die Kölner davon. Man sagt durch zahlreiche Verbote und Ermahnungen (anlässlich des ersten Besuchs Napoleons in Köln werden die Bewohner ermahnt die Schweine von den Straßen fernzuhalten, die der Kaiser passieren wird) der Verschmutzung den Kampf an. Irgendwann halten sich auch die widerspenstigen Kölner daran.

Was von dieser Zeit in Erinnerung bleibt ist ebenfalls die durchgehende Nummerierung der Häuser (1796). Die Glockengasse 4711 ist heute zum Markenzeichen geworden. Ein erstes Kölner Adressbuch entsteht.

Auch der Karneval profitiert von dieser Zeit. Nach einem anfänglichen Verbot des Straßenkarnevals wird der Karneval als Wirtschaftsfaktor etabliert (für Maskenbälle müssen Genehmigungen eingeholt werden etc.)

Bis heute ist Karneval gerade auch in der Kölner Südstadt ein nicht wegzudenkender Wirtschaftsmotor.

Auch die von den Franzosen ausgehende Säkularisierung greift im Kölner Süden: zahlreiche Klöster aufgelöst. Das heutige Friedrich-Wilhelm-Gymnasium war z.B. ein Karmeliterkloster. Ebenso lassen sich auf der Severinstraße mehrere Bierbrauereien nieder, u.a. wird die Reissdorff-Brauerei gegründet. Das Krankenhaus der Augustinnerinnen entsteht.

Aufbruch zur modernen Großstadt

 Nach dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870/1871 erfasst auch Köln ein großer wirtschaftlicher und industrieller Aufschwung. Der Rheinauhafen wird in Betrieb genommen, ein Straßenbahnnetzt entsteht. Die Bevölkerung Kölns steigt in dieser Zeit sprunghaft an. Da die mittelalterliche Stadtmauer ab 1881 größtenteils abgerissen wird, kann die Stadt wesentlich erweitert werden

Wichtig für diese Zeit ist auch die Fertigstellung des Kölner Doms 1842 bis 1880. Man hatte die Fassadenpläne des Kölner Doms wiederentdeckt, Goethe bewundert die gotische Baukunst, der Dom wird zum Symbol einer deutschen Nationalbewegung. Auch der preußische König Friedrich Willhelm IV. wird zum Unterstützer.

Die Severinstraße bildete bereits damals die Hauptachse des Severinsviertels(auf kölsch „Vringsveedel“). Sie ist die Haupteinkaufsstrasse für die Fabrikarbeiter der Südstadt. Die 1872 eröffnete Schokoladenfabrik Stollwerck ist ein wichtiger Arbeitgeber.

Quellen:

Carl Dietmar, Werner Jung: Köln. Die große Stadtgeschichte, Klartext Verlag, Essen 2015

https://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%B6ln

https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_Stadt_K%C3%B6ln

https://www.koeln.de/ausstellungen/geplante_ausstellungen/koeln-in-unheiligen-zeiten-die-stadt-im-dreissigjaehrigen-krieg_844635.html

https://de.wikipedia.org/wiki/Franzosenzeit

https://www.ksta.de/koeln/koeln-im-18–jahrhundert-kluengel–suff-und-gottesfurcht-3965100

https://koeln-magazin.info/nationalsozialismus.html