Erster Weltkrieg, Weimarer Republik und der Nationalsozialismus

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Gewerkschaftshaus, Köln 1900 (Foto: © Rheinisches Bildarchiv Köln, rba_mfL000566_22)

Das zweitälteste Kölner Kino „Thalia“ begann im Jahre 1908 mit 250 Plätzen in der Severinstraße Nr. 152, nächstes Kino auf der Straße waren die „Severin-Lichtspiele“ mit 500 Plätzen (Nr. 95) im Jahre 1911.

Haus Volkshaus, Köln, Severinstraße 1905 (Foto: © Rheinisches Bildarchiv Köln, rba_mfL000566_23)

Nach Abbruch der Stauffschen Brauerei im März 1905 eröffnete am 15. August 1906 an dessen Stelle das „Deutsche Volkshaus“ in Nr. 197–199 als politisches Zentrum der Sozialistenund Kommunisten. Hier hatten neben dem Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund auch die SPD und die Arbeiterbank ihren Sitz. Anlässlich der Reichstagswahlen versammelten sich am Abend des 12. Januar 1912 vor dem Volkshaus 4.000 Zuschauer.

Die Stadt ließ 1910 zur Erschließung des neu zu bebauenden Klostergeländes die Straße Im Dau anlegen, die die beiden gerade geführten und verkehrsreichen Straßen Ulrichgasse (Teil der heutigen Nord-Süd-Fahrt) und Severinstraße verbindet.

Foto: © Rheinisches Bildarchiv Ecke Im Dau, Haus Zum Dau, 1648 von Heinrich St. George
Reproduktions-Nr: rba_mf090765
Bildnachweis: Rheinisches Bildarchiv Köln, um 1938
Köln,

Dazu erwarb sie das Gelände der Klosterkirche der Muttergottes und den Heiligen Joseph und Theresia, um hier die Straße anlegen zu können. Bildhauer Simon Kirschbaum schuf 1914 den Hänneschen-Besteva-Brunnen, der noch heute „Im Dau“ steht. Das ehemalige Victoria-Theater in Nr. 222–228 bot ab Dezember 1875 Bühnenvorstellungen, seit 1925 gab es verstärkt Filmvorführungen. Deshalb änderte es 1928 seinen Namen in „Monopol-Theater“ mit einem Fassungsvermögen von 853 Plätzen und eröffnete erneut am 19. Oktober 1928. Hier stellte der jüdische Betreiber Paul Jockel im Februar 1929 die größte Kino-Konzert-Orgel Europas auf. Jockel sah sich 1934 wegen der Arisierung gezwungen, das Anwesen an Julius Tiedje zu verkaufen, der bei der Eröffnung am 10. August 1935 den Namen „Kristallpalast“ einführte (Zerstörung durch Bomben 1943). Unter dem Namen „Charlottenhaus“ entstand 1913 in Nr. 158 eine Tageswohlfahrtsstätte für Kinder notleidender Eltern, benannt nach der Schwester von Kaiser Wilhelm II.Prinzessin Charlotte von Sachsen-Meiningen, die bei der Einweihung am 25. April 1913 zugegen war. Die Wohlfahrtsstätte gehörte zur Stiftung der Witwe des Emil Oelbermann.

Ast-Sa-165klDie Mobilmachung zum Ersten Weltkrieg Sommer 1914 wurde auch in Köln mit Jubel aufgenommen. Ab 1916 hat die Stadt jedoch mit großen Versorgungsproblemen zu kämpfen, 1917 muss Notgeld ausgegeben werden. Ebenfalls 1917 wird Konrad Adenauer zum Oberbürgermeister gewählt. 1918 wird Köln zum ersten Mal bombardiert. Unmittelbar nach Kriegsende wird Köln von britischen Truppen besetzt. Die preußische Verwaltung wurde teilweise durch die Besatzungsmaßnahmen überlagert.

Die Mehrheit der Kölner stimmte 1919 für die Deutsche Zentrumspartei (40,8%). In den 20er Jahren wird die Schreibweise Köln wieder eingeführt (nicht Cöln, wie ab 1900 aufgezwungen), die Kölner Universität wird neu erröffnet, das Müngersdorfer Stadion fertiggestellt. Die Kölner Messe eröffnet, das Hansahochhaus ist der größte Wolkenkratzer Europas. Die Petersglocke im Kölner Dom ist die größte freischwingende läutbare Glocke der Welt. Auch das Kaufhaus Tietz (heute Kaufhofgebäude an der Schildergasse) ist mit der ersten Rolltreppe Deutschlands hochmodern.

1925

Die Besatzung endet 1926 mit dem Abzug der britischen Truppen.

Die Südstadt im Nationalsozialismus

In den 30er Jahren findet auch in Köln eine zunehmende politische Radikalisierung statt. Immer hemmungslosere Auseinandersetzungen zwischen Nationalsozialisten und Kommunisten fordern zahlreiche Tote.

Von dieser politischen Stimmung ist auch die Schriftstellerin Irmgard Keun betroffen. Nach einer Schauspielausbildung in der Weimarer Republik wurde sie Anfang der dreißiger Jahre eine der wenigen erfolgreichen Schriftstellerinnen, schrieb mit dem Roman “Das kunstseidene Mädchen” sogar einen Welterfolg.

Nach 1933 werden ihr Werke beschlagt und verboten und öffentliche verbrannt. Irmgard Keun ist in Berlin geboren, in Köln aufgewachsen, kehrte nach einem Exil in den Niederlanden nach Köln zurück und verbrachte ihren Lebensabend in der Kölner Südstadt.

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Trotz der Einflussnahme lag die NSDAP in Köln mit 33,1 Prozent der Stimmen unter dem Reichsdurchschnitt von 43,9 Prozent. Die Domstadt wird, wie es überall in Deutschland passiert, „gleichgeschaltet“. Politiker (wie Konrad Adenauer) werden aus ihren Ämtern gedrängt, Presseorgane („Kölnische Zeitung“) zum Propagandainstrument umfunktioniert. Köln als Ganzes reicht sich in das nationale Machtgefüge ein. Hermann Göring erhält bereits 1934 die Ehrenbürgerschaft Kölns, später auch Hitler, Goebels und andere Parteifunktionäre. Viele Kölner Vereine und Clubs schließen Juden als Mitglieder aus, noch bevor es Pflicht wird, viele Bürger bereichern sich an der politischen Stimmung gegen Juden.

78,7 % der Kölner Bürger stimmen zu, als Hitlers Machtposition durch die Zusammenlegung der Ämter (Reichspräsident und Reichskanzler) gestärkt wird.

Nur einzelne Personen und wenige Gruppen leisten aktiven Widerstand.

Hervorzuhebend und bedeutend für die Kölner Südstadt sind diese Ereignisse:

Am 3. März 1933 zieht ein SA-Trupp durch die als kommunistische Hochburg geltende Elsaßstraße in der Kölner Südstadt. Bewohner der Straße schmeißen unter Beschimpfungen Blumen- und Nachttöpfe auf die marschierende Kampforganisation. Schüsse fallen, SS- und SA-Männer durchsuchen Wohnungen, nehmen 70 Personen fest und stellen die Bewohner der Straße für drei Tage unter Hausarrest.

Am 2. Mai 1933 kamen 80 SA-Leute aus ihrem Hauptquartier in der Mozartstraße, besetzten das Volkshaus und beschlagnahmten das Inventar.[44] Während der NS-Zeit fungierte es als „rassenbiologische“ Untersuchungs- und Selektionsstelle, von wo aus die zentrale Deportation von Zigeunern stattfand.[45]

Köln ca 1942, Severinsviertel (Foto: © Rheinisches Bildarchiv Köln, rba_d032109)
Foto: © Rheinisches Bildarchiv Kino Kristall-Palast in der Severinstraße, Köln, 1943 (rba_061779)
Severinstraße 224 und 226 1943 nach der Zerstörung (Foto: © Rheinisches Bildarchiv Köln, rba_mfL003314_591)

Der 2011 verstorbene Pächter der Severinstorburg Jean Jülich war während der NS-Zeit Mitglied der sogenannten „Ehrenfelder Gruppe“. Diese war Teil der Edelweißpiraten, einer jugendlichen Protestbewegung, die unter anderem in Köln Widerstand leisteten. Bekannt war die Gruppe auch für kurze prägnante Botschaften auf Flugblättern („So braun wie Scheiße, so braun ist Köln. Wacht endlich auf!“). Auch später engagierte er sich weiterhin für soziale Belange seines Stadtviertels, der Südstadt.

Quellen:

Carl Dietmar, Werner Jung: Köln. Die große Stadtgeschichte, Klartext Verlag, Essen 2015

https://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%B6ln

https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_Stadt_K%C3%B6ln

https://www.koeln.de/ausstellungen/geplante_ausstellungen/koeln-in-unheiligen-zeiten-die-stadt-im-dreissigjaehrigen-krieg_844635.html

https://de.wikipedia.org/wiki/Franzosenzeit

https://www.ksta.de/koeln/koeln-im-18–jahrhundert-kluengel–suff-und-gottesfurcht-3965100

https://koeln-magazin.info/nationalsozialismus.html

https://de.wikipedia.org/wiki/Severinstra%C3%9Fe_(K%C3%B6ln

https://de.wikipedia.org/wiki/Jean_J%C3%BClich